Experten Meeting Industrialisierter Fertigbau in der Wohnungswirtschaft

Rückblick Experten Meeting am 18.10.2016 in Seebruck/Chiemsee
Industrialisierter Fertigbau hat die Baupraxis in der Wohnungswirtschaft erreicht
Seebruck 18.10.2016 – Live und „zum Anfassen“ wurde im Expertenmeeting und mit der Werksbesichtigung bei Regnauer Fertigbau präsentiert, wie man heute mit einem integralen Planungsprozess und ausgereiften Planungsmodulen spürbare Kostensenkung erreicht, wie die digitale Anbindung der Fertigungsanlagen funktioniert und welche Auswirkungen der hohe Vorfertigungsgrad auf Bauzeit, Ausführungsqualität sowie Termin- und Kostensicherheit eines Wohnbauprojektes hat. Der Hinweis auf die enorme Energieeffizienz und Nachhaltigkeit der Holz-Beton-Fertigbauweise kam ebenfalls nicht zu kurz.
Industriell, seriell und modular soll der Wohnungsbau werden, um den aktuellen Bedarf schnell und kostengünstig zu decken, so ist es von allen Seiten zu hören. „Für den Fertigbau ist das nichts Neues“ betont Johannes Schwörer, Präsident des Bundesverbandes Deutscher Fertigbau und ergänzt: „Das ist die DNA unserer Branche, welche im Eigenheim-Sektor zu einem Marktanteil in Süddeutschland von über 25% geführt hat und seit der Jahrtausendwende auch in den mehrgeschossigen Bau wächst.“
Und man bleibt den Beweis nicht schuldig. Josef Haas, Inhaber der KAMPA GmbH, gibt einen Überblick jüngerer Büro- und Wohnungsbauten, welche in Gebäudeklasse 4 oder auch bis zur Hochhausgrenze in Holz- oder Holz-Beton-Hybridbauweise realisiert wurden. Und kommt dann zum Kern seines Vortrages: „Eine Gruppe namhafter Fertigbaubetriebe hat unter dem Label FERTIGBAU HEUTE gemeinsam die Planungsmethodik und die Bauweise speziell im Hinblick auf den Wohnungsbau weiter entwickelt“, sagt Haas vielversprechend.
Expertenmeeting in Seebruck: Dipl.-Ing. Michael Regnauer, Prof. Dr.-Ing. Stefan Winter, Johannes Schwörer, Dirk-Uwe Klaas, Josef Haas (v.l.n.r.) (Foto: © Mikado)
Ein wesentliches Ergebnis sei die geschickte Kombination der Baustoffe Holz und Beton, um deren spezifischen Eigenschaften zu verzahnen. „Eine hoch gedämmte Gebäudehülle erreichen wir am besten mit tragenden Außenwänden in Holzbauweise“, erläutert Haas und mahnt eindringlich: „damit setzen wir die Europäische Gebäuderichtlinie 2020 bereits heute um, der Bauherr genießt umfangreiche staatliche Fördermittel und verhindert, bereits in vier Jahren schon wieder ein veraltetes Gebäude zu haben.“
Für die Decken werden jedoch Beton-Fertigteile favorisiert, für einen Holzbaubetrieb durchaus bemerkenswert. „Ein möglichst hoher Vorfertigungsgrad steht für uns im Vordergrund und idealerweise auch ein installationsfreier Fußbodenaufbau. Das Beton-Deckenelement bringt alles fixfertig mit: Brandschutz, Schallschutz, unterseitige Wärmeverteilung als Deckenheizung und die Hohlkammern sind für weitere Installationen nutzbar“, lautet die Begründung von Haas.
Noch einen Schritt weiter in die industrielle Vorfertigung geht man für die Bäder eines Wohngebäudes. Aufgrund der Dichte von Einbauten und Installationen, die in einem Bad oder WC vorhanden ist, setzt man auf vorinstallierte Sanitärwände oder auf vorgefertigte Raumzellen, welche werkseitig komplett installiert und ausgebaut sind. Die sonst übliche Gewerke-Koordination auf der Baustelle entfällt vollständig.
Offensichtlich werden mit dieser radikalen Fertigbau-Denke Bauzeiten auf wenige Monate reduziert, was nach dem Motto „time to market“ zu früheren und damit zusätzlichen Erlösen aus einem Neubau führt.
Geschosswohnungsbau, Regnauer Fertigbau (Foto: Regnauer Fertigbau)
Der Gastgeber des Expertenmeetings Michael Regnauer kommt dann ausführlich auf das Thema Planung und digitale Vernetzung im Fertigbaubetrieb zu sprechen: „Serielles Bauen setzt eine Systematik ausgereifter Wohnungs-Grundrisse und typischer Erschließungskerne voraus, die mit der gebotenen Flexibilität zu verschiedenen Gebäudetypologien konfiguriert werden.“ Um bei diesem effizienzgetriebenen Ansatz die Gestaltungsqualität nicht zu verlieren, hat Regnauer für die Entwicklung dieser Planungssystematik die Zusammenarbeit mit Prof. Hermann Kaufmann, Lehrstuhl „Entwerfen und Holzbau“ an der TU München gesucht und im Rahmen des Forschungsprojektes „Bauen mit Weitblick“ gefunden.
Einen Einblick in die Zielsetzung und den aktuellen Stand dieses langfristigen Forschungsprojektes gab Prof. Stefan Winter, TU München. Aus seiner Sicht ist Vorfertigung das Gebot der Stunde, um Kosteneffizienz und die gebotene Qualitätssicherheit zu erreichen.
Online im CAD/CAM-System hat Regnauer dann vorgeführt, wie jedes im Bausystem verfügbare Element für Wand, Decke, Dach, Fenster usw. eindeutig definiert und digital beschrieben ist. Die Bauelemente für ein jeweiliges Bauvorhaben werden dann in Einzelteile aufgelöst und mit ihren Geometrie- und Bearbeitungsdaten an die Fertigungsstationen in der Produktionshalle übergeben.
In der anschließenden Werksbesichtigung konnte hautnah verfolgt werden, wie sich dann aus den automatisiert geschnittenen, gefrästen und gebohrten Einzelteilen im Zuge des CNC-gesteuerten Fertigungsprozesses die großformatigen Bauelemente inklusive aller denkbaren Einbauten zusammensetzen. Leicht vorstellbar, mit welcher Effizienz und Geschwindigkeit daraus auf der Baustelle das Gebäude errichtet wird.
Man darf gespannt sein auf die kommenden Wohnungsbauprojekte in Holz-Beton-Fertigbauweise. Und darauf, wie schnell die genannte Fertigbau-DNA sich in der Wohnungswirtschaft ausbreiten wird.